Farbvarianten der Steinkoralle
Blastomussa wellsi
Text :
Priv.-Doz. Dr. Dieter Brockmann

 

Die Steinkorallen-Familie Mussidae beinhaltet 12 Gattungen, von denen die großpolypigen und teilweise ausgesprochen farbenfrohen Gattungen Lobophyllia, Symphyllia, Cynarina und Scolymia zu den beliebtesten Korallen in der Meerwasseraquaristik zählen.
Zu den Mussidae gehört auch die Gattung Blastomussa mit zur Zeit drei bekannten Arten. Blastomussa wellsi und B. merleti sind schon seit geraumer Zeit in der Meerwasseraquaristik bekannt, werden aber erst in den letzten Jahren regelmäßig in größerer Anzahl importiert.
Beide Arten haben sich als ausgesprochen haltbare Korallen erwiesen und sind zudem durch ihre intensivroten und grünen Farben Schmuckstücke in jedem Korallenriff Aquarium.

Die Gattung Blastomussa (Familie Mussidae) enthält zwei für den Korallenriff-Aquarianer ausgesprochen interessante Arten: Blastomussa merleti und B. wellsi.
B. merleti ist im Indopazifik vom Roten Meer und Madagasltar bis hin nach Neukaledonien verbreitet (VERON, 1993).
Diese Steinkoralle baut ihre Koralliten als lange Röhren, die einen Durchmesser von weniger als 7 mm aufweisen. Mit fortschreitendem Alter können diese Röhren den gegenseitigen Kontakt verlieren und als Solitärpolypen weiterleben. In der Literatur sind zwei Farbmorphen (= Farbvarianten) von B.merleti beschrieben, eine rote Farbvariante und eine braun-grüne (VERON, 1986). Im Aquarium ist diese Steinkoralle relativ leicht zu pflegen.
Sie benötigt eine mittlere bis hohe Beleuchtungsstärke (eine in meinem Aquarium von einer großen Seriatopora hystrix zunehmend abgeschattete Kolonie starb innerhalb einiger Monate voll ständig ab) und eine mittlere bis starke Wasserbewegung. Auch ihre Vermehrung gestaltet sich ein fach. Einzelne Röhren konnen leicht von der Mutterkolonie abgebrochen werden. Auf neuem Substrat angeklebt, entwickeln sich hieraus - unter der Voraussetzung optimaler Pfegebedingungen prachtvolle neue Korallenkolonien.
Im Gegensatz zu Blastolllussa merleti besitzt B. wellsi kräftigere Koralliten mit einem Durchmesser von 9-14 mm. Hierdurch sind beide Arten leicht voneinander zu unterscheiden Das Verbreitungsgebiet von B. wellsi ist im Vergleich zu B. merleti deutlich eingeschränkt Es erstreckt sich von den Philippinen bis nach Neukaledonien Ein Vorkommen Im Roten Meer ist fraglich. Im Riff gehört B. wellsi zu den selteneren Steinkorallen, die bevorzugt den unteren Bereich des Riffhangs bewohnt.

 

Rot-Weisse Farbvariante der MERLETI

Laut VERON (1986) gibt es auch von Blastomussa wellsi zwei Farbmorphen: eine dunkel- grüne und eine rote. Aus der Korallenriff-Aquaristik sind aber weitaus mehr Varianten bekannt, angefangen von braun-grün und graublau bis hin zum kräftigen Rot. Weiterhin gibt es fließende Übergänge, wobei Insbesondere rot-grüne Musterungen ausgesprochen attraktiv sein können. Die abgebildeten Fotos zeigen einige der häufigsten Farbvarianten, die in der Korallenriff-Aquaristik gepflegt werden.
Es stellt sich an dieser Stelle natürlich die Frage, ob es sich bei all diesen Farbvarianten wirklich nur um Farbmorphen einer Art oder um unter schiedliche Arten, die sich in ihrer Färbung unterscheiden, handelt. Nach VERON (1986) handelt es sich lediglich um Farbvarianten, eine Schlußfolgerung die durch einen Strukturvergleich der Korallite gestützt wird.Eine endgültige und absolut sichere Klärung kann jedoch nur eine genaue Analyse erbringen. Allerdings ist es meiner Meinung nach für uns Aquarianer unwesentlich, ob es sich um eine oder mehrere Arten handelt, da alle ,,Farbmorphen" gleichgut in einem Korallenriff-Aquarien zu pflegen sind.
Die Hälterung von Blastomussa wellsi gestaltet sich relativ einfach.
Als Voraussetzung gelten die heute in der modernen Korallenriff-Aquaristik allgemein akzeptierten Wasserwerte (FossÄ & NILSEN, 1995): Temperatur 24-28 "C; pH um 8,3; Karbonathärte 7-9 "dI(H; Calcium-lonen Konzentration um 400 mg/liter; geringste Nährstoffkonzentration, insbesondere an Nitrat und Phosphat; Dichte 1,022 bis 1,024 (bei 25 "C). Ich fahre mein Aquarium schon seit geraumer Zeit an der Obergrenze der Dichte bei 1,024, da ich einige Riesen muscheln (Tridacna SPP) aus dem Roten Meer pflege, die erfahrungsgemäß bei zu niedrigen Dichten ihre Farben verlieren und relativ schnell eingehen. Diese hohe Dichte schadet der B. wellsi nicht. Eine hohe Beleuchtungsstärlte und starke Wasserbewegung sind weitere Voraussetzungen für gutes Wachstum.
Bei der Vergesellschaftung mit anderen sessilen Wirbellosen ist auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu achten. Das Nesselgift von Blastomussa wellsi scheint nicht stark genug zu sein, um sich auf Dauer gegen andere Nesseltiere durchsetzen zu können. Insbesondere stark nesselnde Scheibenanemonen, wie Ricordea-Arten, oder schnellwüchsige Weichkorallen, wie Capnella spp. und Cespitularia spp verdrängen die Steinkoralle. Weiterhin ist eine Abschattung durch z.B. schnellwüchsige Lederkorallen (Sarcophyton-und Sinularia-Arten) zu vermeiden. Da sich Blastomussa spp., wie zahlreiche andere Korallen auch, für gutes Wachstum.
Hauptsächlich über die Photosyntheseprodukte ihrer symbiotischen Algen ernähren, würde eine solche Abschattung früher oder später zu Kümmerkolonien führen, die dann irgendwann vollständig verschwunden sind.
Eine künstliche Vermehrung von Blastomussa wellsi ist nicht ganz so einfach wie die von B. merlefi. Der Grund hierfür ist das weitaus stabilere Korallenskelett von B. wellsi. Hierdurch ist eine Abtrennung einzelner Korallite sehr schwierig, bei manchen, sehr kompakt-wachsenden Kolonien, fast unmöglich. Nicht selten werden durch die Abtrennung einzelner Koloniebereiche die Koralliten so geschädigt, daß sich die betroffenen Individuen nicht regenerieren können. Allerdings überleben in der Regel aber die Reste der Kolonie und des abgetrennten Fragments diese Prozedur und wachsen wieder zu prachtvollen Kolonien heran. Neben der künstlichen Vermehrung durch Fragmentation kann man bei Blastomussa wellsi die Polypenausbürgerung als natürliche Vermehrungsart im Aquarium beobachten. Ist die Kolonie in einzelnen Bereichen dicht bewachsen, lösen sich einzelne Individuen aus dem Verband. Die Abtrennungsprozedur dauert einige Wochen und der betroffene Bereich sieht während dieser Phase aus, als ob er eingehen würde. Schließlich trennen sich einzelne Individuen vollständig von der Mutterltolonie und fallen zu Boden. In meinem Aquarium hatten die ausgebürgerten Polypen kein merkliches Korallenskelett. Ihre Aufzucht ist schwierig und bedarf viel Geduld. Doch lohnt sie sich allemal, da man hierbei interessante Erkenntnisse über Wuchs und Vermehrung dieser Steinkorallenart gewinnen kann.
Für mich gehören die Blastomussa-Arten zu den schönsten Steinkorallen. Durch ihre auffälligen Farben und Mustenrungen stellen sie einen attraktiven Gegensatz zu den hauptsächlich braunen Farbtönen vieler Weichkorallen, Scheibenanemonen und hermatypischen Steinkorallen dar. Ihre uneingeschränkte Empfehlung für das Korallenriff-Aquarium wird durch ihre einfache Pflege abgenundet.

 

Literatur:
FossA. S. A. & A. J. NILSEN (1995): Korallenriff-Aquarium, Bd. 4. Birgit Schmettkamp Verlag, Bornheim.
VERON, J. E. N. (1986): Corals of Australia and the Indo- Pacific. Angus & Robertson Publishers, North Ryde NSW, Australia und London, England.
VERON, J. E. N. (1993): A Biogeographic Database of Hermatypic Corals. Species of the Central Indo Pacific. Genera of the World. AIMS Monograph Series Vol 10, Australian Institute of Marine Science (AIMS) Townsville, Australia.