Plagegeister

Eine winzige Nacktschecke als hartnäckiger Fressfeind vonMontipora-Steinkorallen

Immer wieder liest man Artikel, die das hervorragende Wachstum von riffbildenden Steinkorallen

beschreiben. Dabei fällt auf, dass es anscheinend in unseren Aquarien kaum noch Probleme gibt.  Diskussionen über Kalkreaktoren, Nitrat- und Biofilter sowie Spurenelemente prägen das Bild der Literatur in den letzten Jahren.  Kaum mal ein Bericht über Rückschläge.  Wachstum wohin man sieht.  Es hat fast den Anschein, als würden unsere Korallen aus den Becken wachsen und kleine Atolle in unseren heimischen Aquarien erschaffen.  Ich denke, dass es hin und wieder doch zu kleinen oder größeren Problemen kommt und die so herrlich gewachsenen Steinkorallen sterben teilweise oder ganz über Nacht ab.  Auch ich hatte mit Problemen zu kämpfen.  Mit diesem Bericht und einem weiteren in der Maiausgabe möchte ich dazu beitragen, etwas Licht in diese Problematik zu bringen.

Ein bekanntes Problem ist der plötzliche Gewebezerfall, der unsere Steinkorallen überfallen kann.  Dies geschieht in zwei Varianten:
1) Kleine ovale Parasiten überfallen eine Steinkoralle.  Diese rasend schnellen Fresser schaffen es, innerhalb einer Nacht oder eines Tages eine gesamte Kolonie zu vernichten.

2)Längliche Parasiten "verspeisen" eine Koralle langsam, aber kontinuierlich.  Diese "lieben" Tierchen vermehren sich nicht so stark und fressen sich ausschließlich von der Basis einer Kolonie bis zu deren Spitzen durch.

 

Während man im ersten Fall kaum eine Chance hat einzugreifen, kann man im zweiten Fall doch etwas tun.  Dazu kann ich nur empfehlen, die Kolonie zu zerteilen und heile, noch nicht angegriffene Partien, neu zu verkleben und sich von dem befallenen Stück zu trennen.  Es ist sehr wichtig, dass man 2 cm über dem befallenen Bereich kappt, denn nur so hat man die Chance, dass die Parasiten noch nicht am intakten Gewebe angelangt sind.  Ich habe mir dabei angewöhnt, die gesamte Strömung auszuschalten und die betroffene Koralle unter Wasser vorsichtig in einen Becher zu geben, um das Verdriften abgefallener Parasiten im Aquarium zu vermeiden.  Insbesondere beim "Entsorgen" einer abgestorbenen Koralle (Fall 1) sollte dies unbedingt gemacht werden.

 

Ein hartnäckiger Plagegeist war eine Nacktschnecke, die ich auf Moiztipora danae und Moiitipora aequituberculata entdeckte.  Diese nur etwa 3 mm große Nacktschnecke ähnelt in ihrem Aussehen stark den bekannten Schnecken, die Krustenanemonen fressen.  Ich habe sie bisher ausschließlich auf Montipora-Korallen gefunden, die plattenartig wachsen.  Auf der verzweigt wachsenden Montipora digitata, von der ich einige Farbformen pflege, waren keine zu finden.  Versuche, diesen Plagegeist dort anzusiedeln, um festzustellen, ob es nur ein Zufall war, dass diese Koralle nicht angegriffen wurden, schlugen fehl.  Daher möchte ich behaupten, dass diese Nacktschnecke wahrscheinlich nur auf den genannten Montipora- Arten als Fressfeind zu finden ist.

Erstaunlich ist, dass ich die beiden MoiltiporaArten schon ein Jahr in meinem Aquarium pflegte, bevor der Befall auftrat.  Das erlaubt die Schlussfolgerung, dass diese Nacktschnecken (sicher auch viele andere Organismen) Dauereier absetzen, aus denen später bei passenden Lebensbedingungen die Nachkommen schlüpfen, die sich dann wieder vermehren können.

Meine beiden Montipora-Arten hatten sich in ihrer Größe innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt und ich bemerkte zunächst gar nicht, dass sich Plagegeister auf ihnen "tummelten".  Zuerst waren es nur vereinzelt kleine Stellen an den Kolonien, die heller wurden und nach und nach abstarben.  Dies zog sich dann aber immer weiter in das Gewebe hinein.  Da ich mit bloßem Auge nichts Eindeutiges sehen konnte, schob ich das auf die Strömungsverhältnisse.  Ich erhöhte die Strömung und richtete sie mehr auf die Montipora-Kolonien.  Geändert hat es nichts, wie auch, denn es waren ja Schnecken, die meine Montipora als "Leckerei" ansahen.  Da die Zerstörung bei einer Montipora-Kolonie stetig voranschritt, entnahm ich sie aus meinem Aquariensystem.  Es tat mir richtig weh, denn sie war mittlerweile an drei Steinen so fest gewachsen, dass ich sie heraus brechen musste.  Das war auch der Grund, warum ich mit dieser Maßnahme etwas länger gewartet hatte.

Bei genauer Betrachtung konnte ich nun auf der Koralle einige beigefarbene Büschelchen erkennen, die ich schließlich als kleine Nacktschnecken der Unterordnung Aeolidinia identifizieren konnte.  Um so genauer ich die Koralle betrachtete, desto mehr Plagegeister entdeckte ich.  Es waren Hunderte auf der Koralle und noch mehr Gelege.  Der schlanke Körper der Nacktschnecken der Unterordnung Acolidinia besitzt viele Mantelauswüchse (Cerata), die ihnen ein Mopp-ähnliches Aussehen verleihen.

 

Ich musste mir eine Methode einfallen lassen, wie ich diese Schneckenplage beseitigen konnte

Zunächst versuchte ich es mit einem Süßwasserbad.  Dazu brach ich ein Fragment der Koralle ab und brachte es in temperiertes und pH-Wert angeglichenes Süßwasser.  Der Erfolg war nicht der, den ich erhofft hatte.  Das Fragment verlor nämlich alle Zooxanthellen und starb kurz danach ab.  Auch diverse andere Versuche, die ich mit Süßwasser machte (unterschiedliche Dauer der Bäder), führten nur dazu, dass die jeweiligen Fragmente abstarben , die Nacktschnecken aber überlebten.  Montipora verträgt offensichtlich keine Süßwasserbäder.  Auch Versuche mit Malachitgrün blieben ohne den geringsten Erfolg. Parallel zu den genannten Bekämpfungsversuchen habe ich Fragmente der Koralle in kleine Versuchsbecken eingebracht, um einen natürlichen Fressfeind der Schnecken herauszufinden.  Aber auch das gelang mir nicht.  Die getesteten Fische waren: Synchiropus splendidus, S. occelatus, S. picturatus, Pseudocheilinus hexataenia und Halichoeres iridis.  Auch die Gebänderte Scherengarnele, Stenopus hispidus, probierte ich ohne Erfolg als Fressfeind.  Meine Montipora wurde weiter verzehrt.  Ich gab schließlich auf, einen natürlichen Fressfeind zu finden.

Alle befallenen Stellen der Kolonie wurden nun vorsichtig gesäubert und in kleine Stücke zerbrochen, die ich dann mit Krallenkleber an Steinen befestigte und in ein Versuchsaquarium überführte.  Nun schaute ich jeden Tag nach, ob ich noch Nacktschnecken entdecken konnte.  Das war fast immer der Fall, denn Gelege der Nacktschecken waren noch da.  So sorgfältig ich auch arbeitete, einige Schnecken tauchten immer wieder auf.  Es war aber die einzige Methode, um "Herr der Plage" zu werden.  Tatsächlich hatte ich es dann auch einige Wochen später geschafft: Es waren keine neuen Schnecken mehr zu sehen.  Nach und nach quartierte ich die Ableger in andere Aquarien um.  Auch in der Folgezeit wurden die Korallen in regelmäßigen Abständen kontrolliert und beobachtet.  Hin und wieder war aber wieder ein Ableger mit Schnecken befallen.  Sofort wurde er abgesucht und von den Plagegeistern befreit.  So habe ich meine Montipora letztlich doch noch retten können.