"MACNA X"

Die 10. Meerwasseraquarien-Konferenz von Nordamerika

Text und Fotos: Dr. Dieter Brockmann und Michael Mrutzek

Die zehnte Meerwasseraquarien-Konferenz von Nordamerika (MACNA X) fand vom 25. bis zum 28. September 1998 im Westin Hotel, Long Beach, Los Angeles, USA, statt. Diese Veranstaltung wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen und ist seitdem ein fester Bestandteil in der Meerwasserszene der USA. Der nachfolgende Artikel soll einen kurzen Eindruck über diese Konferenz liefern und einen groben Überblick über den Stand der Meerwasseraquaristik in den USA vermitteln.

Meerwassersymposien werden seit vielen Jahren in Deutschland veranstaltet. Sie dienen einerseits dem Erfahrungsaustausch, andererseits aber auch der Entwicklung und Verwirklichung neuer Ideen in der Aquaristik, mit dem Ziel die Pflegevoraussetzungen für Wirbellose und Fische zu optimieren. In Deutschland zählen zu den etablierten Symposien u.a. Das Internationale Meerwassersymposium in Lünen" sowie XXXXX, das alternativ von verschiedenen deutschen und österreichischen Vereinen ausgerichtet wird. Das nordamerikanische Pendant hierzu ist - neben XXXXXXX (siehe das Aquarium XXXX) - die Marine Aquariun Conference of North America" (MACNA), die in diesem Jahr in Long Beach, Kalifornien, stattfand. Die MACNA wird jährlich veranstaltet, mit ihrer Gründungskonferenz 1989 in Toronto, Kanada. Das Motto der diesjährigen Tagung, an der ca. 600 (!) Aquarianer aus Nordamerika und anderer Kontinenten teilnahmen, lautete: Fish and Reef, Past and Present" (Fische und Korallenriffe, Vergangenheit und Zukunft). Das Verzeichnis der Sprecher liest sich wie das Who is Who" der amerikanischen Meerwasseraquaristik. Einen Überblick liefert das nachfolgende abgedruckte übersetzte Programm:

Freitag, 25. September

10.00 Uhr Jim Wolf Riffwissenschaft und die Trickle Down Theorie
11.00 Uhr Steve Tyree Neuerungen zur Haltung von riffbildenden Steinkorallen und neue Filtertechniken unter Zuhilfenahme von Lebenden Schwämmen.
11.00 Uhr Bob Fenner Auswahl geeigneter Meereslebeweseb (Parallelveranstaltung)
12.00 Uhr Stanley Brown Vermehrung in Gefangenschaft: Die Spitze des Eisbergs
13.00 Uhr Dr. Timothy Hovanec Nitrifizierung in Meerwasseraquarien - Gegenwärtiger Status und zukünftige Forschungen
14.00 Uhr Prof. Dr. Jean Jaubert Natürliche Ansätze für die Pflege von künstlichen Korallenriffen: Konzepte, Vorteile und Anwendungen
15.00 Uhr Larry Jackson Betreibung eines Aquariums nach der Berliner Methode"
15.00 Uhr George Paluedis Pflege und Vermehrung von Seepferdchen (Paralellveranstaltung)
16.00 Ken Yates Die Aquarienwelle, wann wird sie ihren Höhepunkt erreichen? 17.00 Uhr Daniel Knop Neuigkeiten über Korallenfarming", Riesenmuscheln und Kalkreaktoren
18.00 Uhr Jonathan Lowrie und Eric Borneman Boten des Meeres
18.00 Uhr Morgan Lister, Leng Sy, Bob Goemans und Albert Thiel Natürliche Filtermethoden (Workshop; Parallelveranstaltung)
Samstag, 26. September
9.00 Uhr Mike Paletta Die Geschichte der Korallenriffaquaristik aus den Augen eines Hobbyisten
10.00 Uhr Phil Shane und Paul Holthaus Die Vergangenheit, Gegenwart und die rosige Zukunft des Meerwasserfischhobbies.
11.00 Uhr Allegra Small Die Biovielfältigkeit der Korallenriffe - Ein Vergleich zwischen Regenwäldern Und Aquarien
11.00 Uhr Tom Frakes, Roy & Teresa Herndon Aquakultur von Lebenden Steinen (Parallelveranstaltung)
12.00 Uhr Mittagspause
13.00 Uhr Bruce Carlson Riffaquarien: Nachahmung der Natur oder nur verrückte Gärten?
14.00 Uhr Julian Sprung Riffische der Vergangenheit: Die Fossilien von Bolca - und ein Überblick der Methoden zur Vermehrung von Korallen einschließlich neuer Entdeckungen.
15.00 Uhr Dana Riddle und Andy Amussen Licht! Farbe! Acropora! - neue Informationen
16.00 Uhr Dr. Dieter Brockmann Korallenriffaquaristik in Deutschland - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
19.00 Uhr MACNA X Banquet
20.30 Uhr John Dyer Leben im Meer in seiner natürlichen Umgebung.
Sonntag, 27. September
9.00 Uhr Charles Delbeek Einmal selten und immer noch seltene Fische im Meerwasseraquaristoikhandel
10.00 Uhr Dr. Rob Hildreth Krankheiten von Meerwasserfischen mit Konzentration auf der Prevention und einer Diskussion über die Kopf und laterale linie Krankheit
11.00 Walter Adey Die Verknüpfung von Kalzifierung und Photosynthese optimiert die Kalzifizierung inder Natur und im Meerwasseraquarium
12.00 Uhr Mittagspause
13.00 Uhr MACNA X Tombola
14.00 Uhr Martion Moe Jr. Das Meerwasseraquarium, Verganheit, Gegenwart und Zukunft
15.00 Uhr Albert Thiel Vermehrung von großpolypigen Steinkorallen durch Teilung (Workshop)
16.00 Uhr Jaime Baquero Fang von Meerwasserzierfischen auf den Philippinen
17.00 Uhr David Baskin Fische: Vom Fang zum Händler "der Vorgang"

Nachzuchten werden in den USA gross geschrieben!
Ein Händlerstand auf der MACNA X mit Nachzuchten von Muscheln und Steinkorallen

Ein Ausschnitt aus einem Aquarium mit Stinkorallen-Nachzuchten.

Am Montag wurden die Teilnehmer vor die Qual der Wahl gestellt entweder das neueröffnete (20. Juni 1998) öffentliche Schauaquarium Aquarium of the Pacific" in Long Beach zu besuchen - mit einer Tour hinter den Kulissen (diese Backstage-Tour konnte im übrigen auch an anderen Tagungstagen wahrgenommen werden) - oder an einer Tauchexkursion zur Katalina-Insel, einem durch seine Kelpwälder bekanntem Tauchgebiet vor der Kalifornischen Küste, teilzunehmen. Aufgrund der herausragenden Qualität des Aquarium of the Pacific war gerade die Backstage-Tour mit den damit verbundenen Insiderinformationen ein unbedingtes Muß und es ist nicht weiter verwunderlich, daß gerade die Führungen von den Teilnehmern begeistert aufgenommen wurde. Ein Tip von uns: Bei einem Besuch Kaliforniens sollte unbedingt ein Tag für den Besuch dieses Aquariums eingeplant werden! Ein besonderes Lob gilt Jim Stime, dem Präsidenten der MASLA (dem veranstaltenden Verein = Marine Aquarium Society of Los Angeles) und seiner Crew, die die Tagung hervorragend organisiert hatten und durchführten. Die Vortragsdauer betrug pro Referent maximal 45 Minuten, in denen eine 10minütige Diskussion eingeschlossen sein sollte. Scott Sweet, der die Sprecher betreute, sorgte strikt dafür, daß die Vortagszeit nicht überschritten wurde, was aufgrund des engen zeitlichen Rahmens durchaus zu verstehen war. Scott scheute sich nicht auch so bekannte Referenten wie Walter Adey rigoros zu unterbrechen, um den Zeitplan einzuhalten. Nach den Vorträgen gab es jeweils eine ca. 15minütige Pause, in denen die Diskussion im kleinen Rahmen weitergeführt werden konnte. Daran anschließend standen die Sprecher für eine geraume Zeit für eine internationale Diskussion durch eine Liveschaltung ins Internet zur Verfügung, so daß auch nicht anwesende Aquarianer in die Diskussion eingebunden wurden. Dieses neue und expandierende Medium wurde weiterhin dazu genutzt, um nicht anwesende Referenten in Vorträge zu integrieren. Das Internet (der Chatroom wurde von " Compuserve" über den gesamtem Tagungszeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt und betreut) eröffnete somit völlig neue Perspektiven, die sicherlich in Zukunft noch weiter ausgebaut werden. Das Auditorium und die Referenten standen den elektronischen Möglichkeiten ausgesprochen positiv gegenüber. Es wäre wünschenswert wenn diese technische Errungenschaft und die damit verbundenen Möglichkeiten auch in deutschen Symposien Einzug halten würden.

Leider hatte Hurrikan George auch seinen Einfluß auf das Symposium. Er verhinderte in letzter Minute die Teilnahme von Martin Moe und Julian Sprung - beides namhafte US-Aquarianer aus Florida. Aus Krankheitsgründen mußte auch Jean Jaubert, Monaco, seine Teilnahme kurzfristig absagen. Ohne das die meisten Vorträge von ihrer Qualität und ihrem Informationsgehalt nennenswert abfielen, ist sicherlich die Präsentation von Bruce Carlson, Waikiki Aquarium, Honolulu, hervorzuheben. Bruce, der über das Thema "Riffaquarien : Nachahmung der Natur oder nur verrückte Gärten?" sprach, belegte sein Referat mit einer Kombination aus Videosequenzen und Dias - eine Art des Vortrages, die vom Auditorium sehr positiv aufgenommen wurde. Weiterhin sind die Vorträge von Charles Delbeek, ebenfalls Waikiki Aquarium, und Ken Yates, Kurator des Aquarium of the Pacific, Long Beach, herauszustellen. Alleine die Teilnahmer dieser drei Referenten macht deutlich, wie eng die Verknüpfung und der Erfahrungsaustausch zwischen Hobbyaquarianern und professionellen" Aquarianern in den USA ist. Neben den Vorträgen stellten mehr als 50 Firmen ihre Produkte vor. Deren Vertreter waren allzeit gerne bereit, den Aquarianern reichhaltig Auskunft über ihre Produktpalette zu geben. Hier fiel besonders positiv der hohe Stellenwert an Steinkorallen- und Riesenmuschel-Nachzuchten in den USA auf. Zahlreiche Riesenmuscheln verschiedener Arten wurden in den unterschiedlichsten Größen von mehreren Firmen angeboten. Korallenfragmente wurden in hervorragender Qualität und Farben präsentiert. Es wäre wünschenswert, wenn so hohe Nachzuchtzahlen auch in Deutschland angeboten würden.

Aus der Sicht der Autoren ist sicherlich auch die MACNA noch verbesserungsfähig. Vorschläge sind z.B. das Weglassen der 15minütigen Pausen zwischen den Vorträgen, die doch für starke Unruhen zu Beginn des jeweilig folgenden Vortrages führten. Bei solch einem kompaktem Programm, wie es die MACNA X besaß, sollte diese Zeit besser den Referenten für ihre Vorträge zur Verfügung gestellt werden. Auch fehlte es aufgrund des kompakten Programmes an Zeit für intensive Diskussionen zwischen den Referenten und den Aquarianern. Außerdem sollte überlegt werden, ob es sinnvoll ist, so interessante Veranstaltungen wie z.B. den Vortrag von Allegra Small und die Präsentation von Tom Frakes, Roy und Teresa Herndon als Parallelveranstaltungen durchzuführen oder ob es nicht besser wäre, das Programm zeitlich nach hinten auszudehnen. Viele Zuhörer hätten sicherlich gerne an beiden Veranstaltungen teilgenommen. Diese kleineren Kritikpunkte taten allerdings dem positiven Eindruck der Gesamtkonferennz keinerlei Abbruch.

 

Farbenfrohe Montipora(?) im Aquarium von Cameron Azad.

Zum Schluß möchten sich die Autoren noch einmal bei den Veranstaltern der MACNA X bedanken. Auf unseren Wunsch hin organisierten sie für den Dienstag und den Mittwoch eine Tour zu verschiedenen Großhändlern und privaten Aquarianern im Großraum von Los Angeles (unserer besonderer Dank gilt Cameron Azad und Ken Wildner die uns als " Lotsen"sicher durch das Verkehrschaos von Los Angeles brachten). Diese Tour sollte uns dazu dienen, einen groben Überblick über den Stand der Meerwasseraquarisk in den USA zu erhalten. Was wir sahen, überraschte uns ausgesprochen positiv. Großhändler und private Aquarien besitzen mindestens bundesdeutschen Standard. Das Angebot der Groß- und Einzelhändler bezüglich der Tiere und des Zubehörs war enorm groß. An dieser Stelle muß noch einmal das große Angebot an Nachzuchten von Riesenmuscheln sowie von Stein- und Weichkorallen erwähnt werden. Außerdem fiel die Farbenpracht der von Zuchtfarben oder aus den Riffen entnommenen Steinkorallen auf, die in dieser Vielfalt in Deutschland nicht erhältlich sind. Interessanterweise behielten diese Tiere - im Gegensatz zu in Deutschland häufig gemachten Erfahrungen - ihre Farbenpracht über den bisher beobachteten Pflegezeitraum von etwa eineinhalb Jahren bei.
Wir sind der Meinung,daß dies wahrscheinlich auf die etwas andere Beleuchtungstechnik zurückzuführen ist. Wir sahen fast ausschließlich "eingesockelte" HQI -Brenner ( E-40 Schraubgewinde), die ohne weitere Schutzscheibe eingesetzt werden .Weiterhin die höheren Kelvinzahlen(20000 K) der eingesetzten Brenner, die wir auf den uns vorgestellten Aquarien, auch in Verbindung mit 10000 K, sahen. Hier bleibt abzuwarten, wie sich solche Korallen über einen längeren Pflegezeitraum von mehreren Jahren verhalten. Vielleicht können wir ja hier in Deutschland in dieser Beziehung etwas von den amerikanischen Aquarianern lernen.
Ein Fazit ist schnell gezogen. Die Strapazen der über 16stündigen Anreise (alleine die reine Flugzeit betrug für uns über 12 Stunden) wurden allein durch den hervorragenden Kongreß um ein mehrfaches aufgewogen. Wir freuen uns schon heute auf die MACNA XI im September 1999 in Louisville, Kentucky!

Dieser Artikel ist mit freundlicher Genehmigung vom "Birgit Schmettkamp Verlag"

Bücher für die Meeresaquaristik( Schmettkamp)

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